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Großer Preis von San Marino 2006

Ein letztes Mal die Formel 1 hautnah

Wenn du beruflich mit der Formel 1 zu tun hattest und einen Blick hinter die Kulissen werfen durftest, verändert sich die Wahrnehmung. Für die Mehrzahl der Menschen in den Teams bedeutet die Formel 1 eine besondere Art von  Einsamkeit mitten im rasenden Zirkus, ständiges Unterwegssein und bedingungsloses Committment, bei dem der Einzelne nichts zählt - nur das gemeinsame Ziel. Für mich war es das letzte Mal live vor Ort. Was 1993 mit Sega als Sponsor von Williams begonnen hatte, endete 2006 - dem Jahr, in dem Michael Schumacher seinen Rücktritt verkündete.

F1 Grand Prix Renault

In den Nullerjahren habe ich als Agenturdienstleister für Marken wie Audi, Volkswagen und MAN gearbeitet. MAN Nutzfahrzeuge, später MAN Truck & Bus, war damals stark im Motorsport engagiert - auch in der Formel 1: Beinahe alle Teams, deren Motorenmarken nicht auch eigene LKWs im Portfolio hatten (also z.B. Mercedes oder Renault) setzten 2006 auf Sattelzugmaschinen von MAN Truck & Bus für die Rennteams und ihre hochtechnisierten Motorhomes. Als Kommunikationsdienstleister für MAN bekam ich mehr als einmal die Gelegenheit, im Fahrerlager und in der Boxengasse der Formel 1 unterwegs zu sein und ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Formel 1 jenseits der spektakulären Fernsehbilder tatsächlich bedeutet.


Sportlich markierte der Große Preis von San Marino 2006 ein taktisches Meisterstück für Ferrari: Michael Schumachers ersten Saisonsieg und Ferraris ersten Triumph der Saison. Die Rennstrecke in Imola (Autodromo Enzo e Dino Ferrari) war bekannt dafür, dass Überholen gar nicht oder nur sehr schwer möglich war - was eine möglichst gute Platzierung im Qualifiying entscheidend machte. Schumacher sicherte sich die Pole-Position und besiegte im Rennen in einem glänzenden taktischen Duell Fernando Alonso (Renault), der nach zwei Siegen und einem zweiten Platz in den ersten drei Rennen eigentlich als Favorit galt. Schumachers Sieg 2006 war sein siebter Triumph in Imola insgesamt. Im September der gleichen Saison gab der siebenfache Weltmeister dann seinen Rücktritt bekannt, beim Großen Preis von Italien in Monza (nicht zu verwechseln mit dem Großen Preis von San Marino).


Imola war seit dem tödlichen Unfall von Ayrton Senna 1994 historisch belastet, die Rennstrecke galt als besonders gefährlich. Obwohl Imola auch in Italien liegt (in der Emilia-Romagna, nur 80 km von Ferraris Stammsitz in Maranello entfernt) wurde der Grand Prix als Großer Preis von San Marino ausgetragen - auch Italien durfte nur einen Grand Prix austragen, der den Namen des Landes trug (der große Preis von Italien fand in Monza statt, nordöstlich von Mailand). 2020 kehrte die Rennstrecke in Imola als Emilia-Romagna-GP in den F1-Kalender zurück.

Mein Interesse für den Motorsport ist seit 2006 nahezu vollständig erloschen. Vielleicht habe ich einfach ein bisschen zu viel hinter die Kulissen geguckt. Ganz sicher liegt es auch daran, wie der Charakter der Formel 1 sich verändert hat. Nein, eigentlich haben sich die Zeiten noch sehr viel mehr verändert als die Formel 1. Und wahrscheinlich ist das der Grund.

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