In der Welthauptstadt des Tango
Als Europäer fühlt man sich in Buenos Aires sofort zuhause, wie in einer spanischen Großstadt. Besonders gilt das für die besseren Viertel wie Recoleta oder Palermo mit den schmucken Herrenhäusern aus der Jahrhundertwende oder darum. In den besseren Vierteln ist nicht allzu viel von den Krisen zu spüren, die das Land seit Jahrzehnten zerrütten: Ende 2001 kam es zum Staatsbankrott, von dem sich Argentinien bis heute nicht erholt hat. Als wir dort waren, war das gerade sechs Jahre her, und schon damals galt das Land als fragil. Ob der gerade gewählte Präsident das Ruder endlich herumreißen kann, ist fraglich. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird derweil weiter größer. Die ärmeren Viertel lässt man als Tourist besser aus, das war schon damals so – vor allem nach Einbruch der Dunkelheit. Auch wenn Buenos Aires noch nicht ganz so gefährlich ist wie die meisten anderen Städte Süd- und Mittelamerikas, gehören stets verschlossene Eisengitter zu den nachhaltigen Eindrücken die wir mitnehmen.
Unser Zuhause ist für drei Tage „La Otra Otrilla“ ein verträumtes altes Haus im Stadtteil Recoleta mit beinahe viktorianischer Anmutung, knarzenden Holztreppen und einem Frühstücksraum mit einem einzigen großen Tisch, an dem sich alle Hausgäste versammeln. Am ersten Morgen treffen wir vier amerikanische Ladies an, die sich hier aus allen Teilen der USA eingefunden haben, und die sich mit Alter, Kleidung und Verhalten perfekt ins Ambiente einfügen.
Natürlich ist unser Aufenthalt bei weitem zu kurz für mehr als ein paar flüchtige Eindrücke von der Stadt. Alleine der Gedenkzug der demonstrierenden Witwen und Mütter wäre eine eigene Geschichte wert: Woche für Woche treffen sie sich, um an die Gräueltaten der Militärdiktatur zu erinnern - und an ihre spurlos verschwundenen Angehörigen.
Wir aber schultern bald unsere schweren Rucksäcke wieder und machen uns auf den Weg zum Aeroparque Jorge Newbery, von dem aus nur Inlandsflüge gehen. Natürlich wäre es auch möglich gewesen, ein Auto zu nehmen statt ein Flugzeug und den ganzen Weg von Buenos Aires nach Ushuaia auf dem Landweg zurückzulegen. Es sind über 3.000 Kilomoter.
Möglicherweise ist es ein besonderes Erlebnis kontemplativer Art, tagelang durch die Pampas zu rollen, während sich absolut nichts ereignet oder verändert. Ganz sicher erzählt einem auch diese Art zu Reisen eine Menge über das Land, seine Weite, seinen Wind, über die argentinische Art zu atmen und die Welt zu empfinden.
Tatsächlich sind die Entfernungen in Argentinien derart riesig, das kein Mensch das Auto in Erwägung zieht, wenn es auch per Flugzeug geht – nicht anders übrigens als in Nordamerika. Außerdem haben wir zu wenig Zeit.