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Alle Routen auf den höchsten Berg Deutschlands

Zugspitze Threesixty

Von der einfachen Bergwanderung, über Ehrwald und das "Gatterl" von der österreicher Seite. Durchs Reintal über die Knorrhütte. Durchs Höllental über den kümmerlichen Gletscherrest des Höllentalferner und über den Klettersteig. Über den Stopselzieher-Klettersteig vom Eibsee aus. Oder über den Weg der Seilbahn-Erbauer durch die Nordwand, über die Route "Eisenzeit". Und dann wäre da ja auch noch der Jubiläumsgrat: Es gibt viele Wege auf den höchsten Berg Deutschlands. Ich habe sie alle ausprobiert.

Durch die Zugspitz-Nordwand über die Route "Eisenzeit"


Innerhalb einer Woche zum zweiten Mal auf dem zubetonierten Großparkplatz an Deutschlands höchstgelegenem "Point of Interest" - bist deppert oda wos? Mitnichten, es handelte sich um zwei so verschiedene Touren, dass es auch ein komplett anderer Berg hätte sein können. Heute: Die Nordwand. Die Nordwand der Zugspitze ist nicht so bekannt und sagenumwoben wie zum Beispiel die Watzmann-Ostwand, hat aber in etwa das gleiche Kaliber, wenn auch nicht ganz so hoch. Das liegt daran, dass die beiden Routen durch die Zugspitz-Nordwand ziemlich neu sind. Die eine ist "Himmel und Hölle" (2006), eine Mixed-Route eher für den Winter (M5/WI5). Bei Eis und Schnee wird der Spitzname "Eiger-Nordwand-Light" der Sache auch einigermaßen gerecht. Die zweite Route sind wir heute gegangen. Es ist die alte Route der Seilbahnbauer von 1923-1930, die 2013 wiederentdeckt und bis 2016 saniert und neu abgesichert wurde. Irre, was die sich damals angetan haben, um da oben den Parkplatz zu bauen! Die Arbeiter haben alte Stollen hinterlassen und jede Menge Eisenschrott, eine ziemlich brüchige "Harakiri"-Eisenleiter (die wir benutzt haben) und jede Menge alter Seile. Daher auch der Name der Route: "Eisenzeit".


Es handelt sich um einen klassischen Wanddurchstieg, meist im 2. oder 3. Grad, also eher Gehgelände (sofern man schwindelfrei ist), einzelne Stellen bis 4- UIAA. Für Alpinisten ist das knapp über Klettersteig, eine einfache Plaisir-Route, aufgrund ihrer hohen Ausgesetztheit und dem wirklich grauenhaft brüchigen Gestein aber trotzdem keineswegs ohne - der Vergleich mit dem "Berchtesgadener Weg" durch die Watzmann-Ostwand passt durchaus. Wenn dir da ein Griff ausbricht, und du bist nicht gesichert, geht's dahin. Grundsätzlich ist die Route aber exzellent abgesichert, die zahlreichen Bolts sitzen allerdings immer NACH heiklen Passagen, sind also eher für Bergführer gedacht, die schwierigere Stellen locker vorsteigen und dann Gäste nachsichern.


Wir sind bequemst mit der Zahnradbahn bis zur Station Riffelriss gefahren und von dort aus in 17 Minuten bis zum Einstieg bei der Sprengseilbahn gehopst. Durch die Nordwand bis zum Gipfel ging's dann flott weiter in 3:26 Stunden. Von der Alpintourenbibel bergsteigen.com sind dafür 5:30 h veranschlagt, was heißt, wir haben so gut wie gar nicht gesichert, nur an ein, zwei  heiklen Bruchpassagen. Geht nur, wenn die Truppe sich kennt. Am Watzmann macht man das übrigens genauso, sonst kommts du einfach nicht schnell genug durch und musst vielleicht biwakieren, eben mit dem feinen Unterschied, dass die Watzmann-Ostwand mit 1.800 Höhenmetern aufwartet, die Zugspitz-Nordwand "nur" mit runden 1.200. Und vom Watzmann geht keine Seilbahn runter, da musst du dich dann entweder für den Bruchhaufen durchs Wimbachgries entscheiden und den endlosen Hatscher durchs Wimbachtal oder für zusätzliche 300 Höhenmeter mit Überschreitung über die drei Watzmanngipfel in umgekehrter Richtung und Abstieg übers Watzmannhaus ins Wimbachtal.


Am Ausstieg aus der Zugspitz-Nordwand seilt man eine Seillänge auf den Höllental-Klettersteig ab - heute am Wochenende gewissermaßen mitten in den "Stau am Mittleren Ring", wobei man die letzten 320 Höhenmeter eine endlose Schlange rechtschaffen um Atem ringender Klettersteiggeher überholt und auch den Zugspitzgipfel links liegen lässt, weil sich da auch gefühlte 300 Touristen im Weg stehen. Dann ein Weißbier am Münchner Haus und plaisirmäßig mit der Seilbahn abgefahren - den endlosen Hatscher über den Stopselzieher hatte ich ja schon Donnerstag. Hatte den charmanten Vorteil, dass wir pünktlich vor den ersten Gewittertropfen unten am Eibsee im Auto saßen: Es hatte erwartungsgemäß zugezogen, und bei akuter Gewitterneigung willst Du überall rumhängen - nur nicht am Stahlseil eines alpinen Klettersteigs in 2.900 Metern über Meeresspiegel.


Die Bergwander-Varianten über Ehrwald und das Gatterl mit Abstieg übers Reintal
haben wir mit dem Fahrrad gemacht.

Über das Höllental (Klamm + Stangensteig) mit Abstieg über den Stopselzieher

Eigentlich war diese "Ich-hab-eine-Woche-nur für-mich" eine völlig andere Tour geplant (das Matterhorn, vor dem ich schon zweimal vergeblich stand und bis heute noch nicht oben war), aber die Bedingungen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Du kannst nicht einfach eine Woche Urlaub nehmen und glauben, den Berg interessiert das. Den Bergen sind deine Terminkalender sowas von egal. Ein Tief hatte das Matterhorn am Sonntag mit Eis überzogen, es war einfach nicht kletterbar, zu riskant, zu unkalkulierbar, obwohl das Wetter dann eigentlich wieder gut aussah. Tückisch. Das Matterhorn hat sein eigenes Klima, genauso wie der Eiger, was außenrum ist, spielt kaum eine Rolle. Am Dienstag haben sie eine Seilschaft mit dem Heli aus der Wand geflogen, die dachten wohl, passt schon. Passte nicht.


Also die Zugspitze heute, solo. Kontemplativ. Am Morgen los, am Abend zurück. Ein bisschen Training, ein bisschen Trost. Zugspitze ist natürlich nicht Matterhorn. Überschreitung von Hammersbach aus via Höllental und Stangensteig (übrigens ein lohnender Umweg, wenn man die Höllentalklamm schon kennt, die ist rund 30 min kürzer und natürlich auch spektakulär). Hoch bis zum Gipfel über den sulzigen und problemlos ohne Eisen gangbaren Höllentalferner, die Randkluft ist jetzt noch easy, Abstieg über den Stopselzieher-Klettersteig und die Wiener Hütte bis runter zum Eibsee. Eine anspruchsvolle 25-Kilometer-Tour mit 2.700 Höhenmetern, die mit 12-14 Stunden veranschlagt ist. Ich war ein bisschen schneller, habe aber durchaus die 100 km Rad von gestern in den Beinen gespürt. Opa ist halt nicht mehr der Jüngste! Aber was ist schon Geschwindigkeit, wenn es ums Erlebnis geht. Die Zugspitze: Ein Must Have, gilt allerdings nur OHNE Seilbahnfahrt. Am Samstag dann die "Eisenzeit". mal sehen, was das Wetter diesmal macht. Stay tuned!



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